ORTE DER KINDHEIT

Harald Krassnitzer

DOKUMENTATION / A 2018 / XDCAM HD / 30 MIN
Ein Film von Ute Gebhardt

Harald Krassnitzer wurde die Schauspielerei beinahe in die Wiege gelegt. Schon sein Vater wäre liebend gern Schauspieler geworden, doch in der Nachkriegszeit war der Kriegsheimkehrer zu arm für die Schauspielschule. Er brach die Ausbildung ab und ging zurück nach Grödig, in seinen alten Beruf als Schlosser. Harald Krassnitzer kam 1960 zur Welt. Es waren sogenannte einfache Verhältnisse, in denen er aufwuchs. Obwohl auch seine Mutter arbeitete, war das Geld oft knapp. Restl-Essen am Monatsende war Normalität. Bücher gab es kaum, an Musikinstrumente war nicht zu denken. Statt Eis im Sommer gab es Wassermelone, statt weiter Urlaubsreisen stand das Strandbad am Mondsee auf dem Programm. Beides hasste Harald Krassnitzer. Er war ein unsicheres, zurückhaltendes Kind, das selten aus sich heraus ging. Seine Welt war die Familie, die Wohnsiedlung, die Schule und der Untersberg – sein Abenteuerspielplatz. Er fühlte eingebunden, doch es war eine brüchige Geborgenheit. Der vom Krieg traumatisierte Vater konnte liebenswert, aber auch furchteinflößend sein. Familienfeste konnten harmonisch oder unter hitzigen Debatten verlaufen, denn in den großelterlichen Familien prallten politische Welten aufeinander: Sozialdemokraten gegen ewig gestrige Nazis. In der Schule konnte es interessant sein, aber es drohten auch Demütigungen durch zynische Lehrer. Kein Wunder, dass der Bub früh politisiert wurde und zu einem scharfen Beobachter heranwuchs. Als Folge von so viel Ambivalenz suchte er lange nach seinem Platz in der Welt. Er ahnte seine Bestimmung mit zehn Jahren, als er einen Hirten im weihnachtlichen Krippenspiel spielte und für seinen komischen Auftritt den größten Applaus bekam. Später fragten Freunde, ob er in der Laienspielgruppe mitwirken wolle. Spätestens als Darsteller im Kellertheater an der Salzburger Elisabethkirche wusste er, dass die Bühne seine Welt sein musste. Wir spüren dem Lebensgefühl dieser Kindheit in Grödig, am Untersberg, am Mondsee und in Salzburg nach.